Erziehungsratgeber: Vom Töpfchen bis zur Pubertät
FAMILIE & ERZIEHUNG
Die meisten Eltern stehen im Alltag mit Kindern vor altbekannten Fragen: Wie können wir Grenzen setzen – ohne zu schimpfen? Wie schaffen wir es gemeinsam gelassen durch die Pubertät? Gibt es eine „richtige“ und eine „falsche“ Erziehung? Sollten wir uns bei der Erziehung an einem Konzept orientieren – oder besser auf das Bauchgefühl hören? Wir haben uns mit zwei Menschen unterhalten, die aus ihren Perspektiven auf das Thema etwas andere Erziehungsratgeber geschrieben haben. Dem stellen wir unsere liebsten Klassiker zur Seite.
Heldenstücke-Redaktion empfiehlt:
Unsere Erziehungsratgeber-Klassiker
Herbert Renz-Polster
Menschenkinder
Artgerechte Erziehung – was unser Nachwuchs wirklich braucht
Kösel
978-3-466-31068-5
18,00 € (D) / 18,50 € (A)Herbert Renz-Polster stellt das Kind mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt und sagt ganz klar: Es gibt keine optimale Erziehung. Kinder sind in jeder Phase des Wachstums genau richtig und vor allem auch widerstandsfähig. „Artgerecht“ klingt erst ein bisschen befremdlich, ist aber der Schlüssel für ein besseres Verstehen unserer Kinder.
Jesper Juul
Leitwölfe sein – Liebevolle Führung in der Familie
Beltz
978-3-407-86503-8
18,95 € (D) / 19,50 € (A)
Auch Jesper Juul steht abstrakten Erziehungsmodellen kritisch gegenüber und rät Eltern, dass sie sich auf ihre eigenen Erfahrungen und die Rückmeldung ihres Kindes verlassen sollen. Kinder brauchen Orientierung und Führung, sonst werden plötzlich die Kinder zu den Leitwölfen. Dieser Rollentausch führt dann mit Sicherheit ins Chaos.
Interview mit Jochen Till:
„Warum Seriengucken uns zu besseren Eltern macht“
Der Kinderbuchautor hat sich in seinen Lieblingsserien nach Vorbildern umgeschaut.

Ein Erziehungsratgeber vom Erfinder von Luzifer junior, der Wilden Wilma und Raubritter Rocko?
Meine Helden im Kinder- und Jugendbuch rebellieren meistens gegen ihre Eltern und halten von Erziehung nicht viel. Und doch haben sie etwas davon abbekommen, denn grundsätzlich sind sie allesamt gute Menschen – oder eben Teufel oder Ungeheuer. Oder sie werden, wie in manchen Serien, Mafiabosse.
Serieneltern als Vorbilder in Sachen Erziehung?
In Familienserien – oft Sitcoms – werden Erziehungsfragen komödiantisch behandelt. Witzig wird es meist, wenn sich die Erwachsenen wie Kinder verhalten und die Kinder wie Erwachsene – das führt in der Realität aber eher zu Chaos. Da gibt es andere Wege: Wenn man es mit kleinen Klugscheißern zu tun hat, hilft es, ihre Fantasie zu stärken anstatt zu viel zu erklären.
Ihre liebsten Antihelden der Erziehung?
Meine Lieblingsfiguren in Serien sind jene, die nicht dem Klischee entsprechen. Frank Gallagher aus „Shameless“ verkörpert zum Beispiel das Gegenteil aller „guten“ Väter, indem er gänzlich auf die Erziehung seiner Kinder verzichtet. Das lässt sich kaum kopieren, aber lehrreich ist es trotzdem.
Von „heimtückischen“ Lebensmitteln über Herzschmerz bis zur Drogenabschreckung?
Die Themenwahl war für mich als kinderloser Nicht-Erzieher die große Frage. Zum Glück haben mir befreundete Eltern geholfen. Vor allem stand mir die Diplom-Psychologin Anke Precht zur Seite. So haben wir vom Suppenkasper über Hausaufgaben bis zu Herzschmerz eine Menge abgegrast. Und die Serie „Happy“ hat mir z. B. das Thema „imaginäre Freunde“ geliefert.
Balance aus bissigem Humor und pädagogischem Mehrwert?
Das fiel mir nicht schwer, da ich die Idee mit den fiktiven Telefonaten mit Frau Precht hatte. Im Dialog kann man beides sehr gut verbinden. Für den bissigen Humor war ich zuständig, Frau Precht hat den pädagogischen und vor allem fundierten Mehrwehrt beigesteuert. Und da Frau Precht ebenfalls über jede Menge Humor verfügt, kamen wir uns hier auch nie in die Quere.
Die wertvollste Lehre?
Die „Rebellion“ in der Pubertät – die bei mir sehr ausgeprägt war – dient bloß dazu, Eltern und Kindern die bevorstehende Abnabelung zu erleichtern. Auch dafür haben wir Tipps. Und auch dazu, wie man Kleinkinder davon überzeugt, das Töpfchen zu benutzen …
Interview mit Daniela Gaigg:
„Die Schimpf-Diät: In 7 Schritten zu einer gelassenen Eltern-Kind-Beziehung“
Die Bloggerin von diekleinebotin.at weiß, was gegen das Schimpfen hilft und dass „jede Mama eine Alltagsheldin“ ist.
Von der Bloggerin zur Autorin?
2013 habe ich bei einem Familylab-Workshop meine Co-Autorin Linda [Syllaba] kennengelernt. So entstand unser Projekt Mama-Coaching mit Podcasts, einem Hörbuch, einem E-Book, Workshops und schließlich dem Buch als Zusammenfassung unserer Themen und Erkenntnisse.
Was ist eine „Schimpf-Diät“?
Wie eine Diät, die zum Lebenskonzept wird, damit sie „erfolgreich“ ist, ist auch die Schimpf-Diät ein erster Schritt zum Umdenken im Umgang mit Menschen. Wir Eltern müssen zuerst auf uns achten, um auch die nötige Geduld und Gelassenheit für den Familienalltag aufbringen zu können.
Geht es ohne Schimpfen?
Das ist wohl eine Frage des Temperaments, aber es ist möglich, einen Gefühlsausbruch zu haben, ohne andere Menschen, besonders Kinder, damit zu erniedrigen.
Mitmachbuch oder Ratgeber?
„Die Schimpf-Diät“ ist ein Arbeitsbuch: Durch Reflexionsfragen bietet es neben der Möglichkeit, sich theoretisch weiterzubilden, auch einen Überblick dazu, wie weit die eigene Kindheit und die erfahrenen Traumen das Handeln beeinflussen.
Was haben Sie durch die Arbeit an dem Buch gelernt?
Zu wissen, was meine Vergangenheit damit zu tun hat und warum mich was triggert und zum Explodieren bringt. Das anzuerkennen hilft immens im Umgang mit Gefühlen.
Wer hat Sie in Erziehungsfragen geprägt?
Die Vision des kürzlich verstorbenen Familientherapeuten Jesper Juul tragen wir weiter: Wir wollen die Welt ein Stück besser machen, indem wir den Kindern auf Augenhöhe begegnen und mit ihnen zusammen das Leben gestalten.
Daniela Gaigg empfiehlt:
Die besten Erziehungsratgeber-Blogs
- Susanne Mierau: Geborgen Wachsen
- Danielle Graf und Katja Seide: Das gewünschteste Wunschkind
Die Erziehungsratgeber zu den Interviews
Warum Seriengucken uns zu besseren Eltern macht
Erziehen mit Netflix & Co.
Jochen Till
978-3-432-10885-8
TRIAS
14,99 € (D) / 15,50 € (A)
Die Schimpf-Diät
In 7 Schritten zu einer gelassenen Eltern-Kind-Beziehung
Daniela Gaigg und
Linda Syllaba
978-3-407-86589-2
BELTZ
16,95 € (D) / 17,50 € (A)