Was bedeutet Lesefähigkeit im Digitalzeitalter?

Geht es um die Lesekompetenz von Kindern und Jugendlichen, dann denken wir dabei in erster Linie an Bücher. Das ist ja auch gut: Sie sollen im Text Zusammenhänge erfassen, tief in die Geschichte eintauchen und mithilfe ihrer Vorstellungskraft Welten im Kopf entstehen lassen. Als Kinder- und Jugendbuchautor stimme ich dem voll zu, aber als Medienexperte muss ich sagen: Das reicht im Digitalzeitalter leider nicht mehr. Darum bin ich für eine deutliche Erweiterung des Lesebegriffs.
Jedes Medium benötigt eine eigene Lesefähigkeit
Ein Beispiel, das wir Erwachsenen gut kennen: Mit der Lesefähigkeit für Bücher oder Magazine kommen wir bei einem Handyspiel wie „Brawl Stars“ nicht weiter. Games brauchen eine eigene Lesefähigkeit. Auch das Internet setzt ein erweitertes Leseverständnis voraus, um zu prüfen, ob der Text tatsächlich der Wahrheit entspricht oder ob es sich um versteckte Werbung oder Fake News handelt. Ähnliches gilt für den Umgang mit sozialen Netzwerken und Messenger-Programmen, die bei Kindern gute Gefühle, aber leider auch sehr negative Emotionen durch Cybermobbing und Kettenbriefe auslösen können. Darum plädiere ich für eine umfassende Erweiterung des Lesebegriffs. Der ist dann eher im Sinne von „die Welt deuten und einordnen“ zu verstehen. Kinder sollen die Chancen des jeweiligen Mediums ergreifen und mögliche Gefahren erkennen. Dabei müssen wir unseren Kindern durch eine breit aufgestellte Medienbildung helfen.
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Thomas Feibel ist Journalist mit Schwerpunkt Kinder und Neue Medien, leitet das Büro für Kindermedien in Berlin und schreibt Kinder- und Jugendbücher. Seit 2002 gibt er den deutschen Kindersoftwarepreis TOMMI heraus, der unter Schirmherrschaft der Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey steht.
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