10 Jahre Gecko, die Bilderbuchzeitschrift
Eine Bilderbuchzeitschrift! Das fehlte in Deutschland. Also gründete Muriel Rathje die Kinderzeitschrift “Gecko” (Foto oben von Robert Haas). Seit zehn Jahren schon erscheinen alle zwei Monate spannende Bildergeschichten und Sprachspiele für Kinder ab 4 Jahren. Zum Geburtstag sprachen wir mit der Gecko-Herausgeberin. Sie hat uns eine Geschichte mitgebracht – zum Lesen und Hören. Doch dazu später, erst einmal:
Happy Birthday, Gecko!
Frau Rathje, wie kamen Sie damals auf die Idee zu einer Bilderbuchzeitschrift?
Ich habe meine Jugend in Frankreich verbracht. Dort gibt es eine sehr lebendige Kinderzeitschriftenkultur mit einer hohen sozialen Reichweite. Die Kioskregale sind gespickt mit hochwertigen, werbefreien Medien für Kinder. Das war damals für uns die Initialzündung zur Gründung des Geckos. Nach dem französischen Modell wollten wir eine qualitativ hochwertige Zeitschrift ohne Werbung für den deutschsprachigen Raum entwickeln.
Was hat es eigentlich mit dem Namen „Gecko“ auf sich?
Bei der Entwicklung des Magazins kamen einige gute Einfälle und ehrliche Rückmeldungen von unseren Kindern. Nicht zuletzt der endgültige Name des Magazins: Gecko. Es waren auch andere Titel im Rennen, darunter der Frechdachs oder der Lesefant.

Wie hat sich das Magazin über die Jahre verändert?
An dem Gecko-Grundgerüst wird nicht gerüttelt. Wir präsentieren seit zehn Jahren alle zwei Monate drei vollillustrierte Geschichten zum Vorlesen und Selberlesen; dazu: kurze Rubriken wie kleine Quatschgedichte, Wimmelbilder und Mitmachseiten, die wir in Brainstorming entwickeln. Daraus sind schon einige Kinderbücher entstanden. Einige unserer Autoren sind hervorragende Sprecher und Erzähler. So entdecken unsere jungen Leser die Geschichten nicht nur auf dem Papier sondern auch als Hörgeschichte wie zuletzt die Tonaufnahme der Geschichte „Tschiep“ von Martin Baltscheit (erschienen in Gecko 59).
Wie schaffen Sie es, all die traumhaften Illustrator*innen für Gecko zu gewinnen?
In der Kinderbuchszene hat Gecko einen Sonderstatus. Für Newcomer ist der Gecko ein Sprungbrett in die Verlagsbranche. Für erfahrene Autor*innen und Illustrator*innen ist Gecko ein Experimentierfeld, sprachlich und zeichnerisch, eine Bühne für neue Schreib- und Zeichentechniken. (Daran stören sich gelegentlich die Erwachsenen, die ihren Kindern bei ästhetischen Fragen leider zu wenig zutrauen.)
Erzählen Sie uns doch bitte ein bisschen darüber, wie ein Gecko-Heft entsteht!
Zunächst wählen wir aus unseren Geschichtenfundus drei Geschichten für die jeweilige Jahreszeit aus. Dann suchen wir für jeden Text einen Illustrator oder eine Illustratorin aus. Die haben bei der Entwicklung der Zeichnungen dann freie Hand. Nur in Ausnahmefällen funken wir dazwischen. Es gab zum Beispiel die Illustrationen von einer Kuh mit sieben Zitzen, was erst in der Korrektur auffiel, oder die eines Huhns mit fünf Krallen. Auf diese Details achten unsere jungen Leser*innen ganz besonders. Hier gibt es kein Pardon. Tiere und Umweltereignisse sollten naturgetreu wiedergegeben werden. Wenn die Geschichten fertig illustriert sind, fügen wir sie mit einem Bildbearbeitungsprogramm am Computer zusammen und schicken das fertige Gecko-Layout an unsere Druckerei. Nach etwa einer Woche kann Gecko druckfrisch an unsere Leser verschickt werden.
Wollen Sie uns zwei, drei Ihrer persönlichen Bilderbuch-Held*innen verraten, neue oder alte?
Wie viele in meiner Generation, hat mich die Welt von Astrid Lindgren sehr geprägt. Pippi Langstrumpf war DAS große Vorbild: frech, witzig und rebellisch. Genauso hat mich „Momo“ von Michael Ende zutiefst beeindruckt. Das Buch habe ich als Kind nachts mit der Taschenlampe unter dem Bett verschlungen und später als Jugendliche immer wieder aus dem Regal gezogen. Seit der Begegnung mit Momo ist mir meine Zeit sehr kostbar 😉

Anlässlich des bundesweiten Vorlesetags: Haben Sie aktuell einen oder zwei Buchtipps zum Vorlesen, auch in größerer Runde?
Zum Vorlesen in größerer Runde eignen sich Geschichten, die die Zuhörer fesseln und sofort in die Handlung hineinkatapultieren. Wenn ich „Bitte Aufmachen“ von Michael Escoffier und „Plötzlich war Lysander da“ vorlese, höre ich in meinen Vorlesestunden keinen Mucks. Beide Geschichten sind spannend, witzig, und fordern auf „um die Ecke“ zu denken.
Welche Gecko-Geschichte ist gut zum Vorlesen geeignet?
Aus dem Gecko lese ich gerade mit Vergnügen die Geschichte „Der Geräuschehändler und die Reisekrähen“ vor, von Kathi Rohmann und Sabine Büchner, aus der Jubiläumsgabe (Gecko 61). Die Reisekrähen müssen die lange Reise nach Afrika antreten. Aber die Reise wird kurzweilig. Der Geräuschehändler hat den Krähen viele schöne sehnsuchtsmachende Geräusche auf den Reiseweg mitgegeben: Grillenzirpen, Blätterrauschen, Regentropfentrommeln und so weiter. Während ich vorlese, machen die Kinder die passenden Geräusche. Dadurch entsteht eine wundervolle Klangkulisse, die uns alle – samt Krähen – sehr beflügelt!
Aus der Jubiläumsausgabe:
Der Geräuschehändler und die Riesenkrähen
In einem grüngestrichenen Haus mit drei Stockwerken hat der Geräuschehändler seinen Laden. Er ist gefüllt mit Regalen voller Gläser und Schachteln, Holzkästen und Tütchen, voll mit Knirschen und Läuten, Brummen und Klatschen und noch vielen anderen Geräuschen. Als Kunden empfängt der Geräuschehändler unter anderem eine Straßenlaterne, ein Gespenst und einen Schwarm Krähen.
Hier könnt ihr einen Auszug aus der Bildergeschichte vom Geräuschehändler und den Riesenkrähenlesen, geschrieben von Kathrin Rohmann und illustriert von SaBine (!) Büchner – aufs Bild klicken zum Vergrößern!
Gleich drei Geschichten vom Geräuschehändler könnt ihr euch hier vorlesen lassen: Geschichten vom Geräuschehändler zum Anhören.