Kinderbuchverlage kann man nie genug haben: Kullerkupp
Wer in der Welt unterwegs ist und Bücher liebt, entdeckt in jedem Land neue Schätze. Nur wenige davon erreichen den deutschen Markt. Der noch junge Kullerkupp Kinderbuch Verlag hat ein Auge auf nordische Kinderliteratur, die er neu auf Deutsch herausbringt. Bald erscheint schon der vierte Titel. Dabei gibt es nicht nur tolle Autor*innen und Illustrator*innen kennenzulernen. Von unseren nordischen Nachbarn können wir noch viel Lernen. Immerhin beweisen nordeuropäische Kinder bei Lesetests ein frühes Leseverständnis. Die Heldenstücke-Redaktion hat sich Kullerkupp einmal genauer angeschaut und mit der Verlegerin Bettina Wilms gesprochen.
Interview mit Bettina Wilms vom Kullerkupp Kinderbuch Verlag

„Kullerkupp“ hat zum Glück nichts mit rollenden Köpfen zu tun, sondern ist das estnische Wort für die nordeuropäische „Trollblume“, ähnlich unserer Sumpfdotterblume. Warum haben Sie diesen Namen für Ihren Verlag gewählt?
Mit Wikingerfeldzügen hat die Kullerkupp wirklich nichts zu tun: die Trollblume steht für viele Menschen in Skandinavien und im Baltikum für einen Sommer in der Natur, für unbeschwerte Kindheit auf dem Land, für eine saftige und duftende Blumenwiese. Eigentlich alles, was wir Kindern wünschen. Und unsere drei Kinder kullern natürlich auch gerne herum…
Die ersten Bücher im Programm sind Übersetzungen aus dem Estnischen. Sind deshalb zwei der drei Titel so winterlich? Wie kamen Sie auf diese Auswahl?
Die renommierte White Ravens Liste der Internationalen Jugendbibliothek München, auf der die besten internationalen Kinder- und Jugendbücher erscheinen, gerade aus den weniger bekannten Sprachen, ist so was wie unsere „Bibel“ bei der Auswahl der Bücher und das Buch von Kertu Sillaste „Nein, so ist es nicht!“ ist auf der Liste 2016. Der Schneemann Ludwig wurde im letzten Winter in seinem Heimatland als das Kinder-Märchen-Weihnachtsbuch groß gefeiert und wir haben uns auch sofort in die Geschichte von Schneemann Ludwig „verliebt“. Mein Mann hat in Schweden studiert und in Estland und Finnland gearbeitet. Der Norden Europas ist uns auch ganz persönlich sehr nah.
Bearbeiten Sie die Bücher, abgesehen von der Übersetzung? Haben die deutschen Ausgaben eine andere Ausstattung?
Wir produzieren ganz nah am Original. Denn das Originalbuch ist das Kunstwerk von Autor und Illustrator, die Papier, Qualität und Größe bestimmen. Bücher sind etwas zum Anfassen und ausgewähltes Papier und brillante Farben sind uns wichtig.
Für welche Altersgruppe sind Ihre Bücher?
Alle drei Bücher haben wir in Workshops in Kindergärten und Schulen „getestet“. „Nein, so ist es nicht“ macht viel Spaß mit Vorschulklassen im Kindergarten. „Jeder macht Kunst auf Seine Weise“ ergänzt prima den Kunstunterricht in der Grundschule und das Buch „Schneemann Ludwigs größtes Glück“ ist ein Märchen für Groß und Klein.
Ihre Bücher erzählen nicht nur schöne Geschichten. Sie fördern gezielt die Kreativität der Kinder. Warum ist Ihnen das wichtig?
Wir verlegen Bücher, die nicht nur zum Vorlesen da sind, sondern die einladen, über die Geschichten zu reden. Wir machen Bücher, die nicht nur für Kinder sind, sondern auch den Erwachsenen etwas bringen. Und wir wollen, dass die Vorleser, Eltern, Erzieher und Lehrer mit den Kindern und dem Buch arbeiten. Dafür gibt es auch zu jedem Buch Malvorlagen zur Nachbereitung.
Sie wollen mit Ihren Büchern zur Leseförderung bei deutschen Kindern beitragen, die im internationalen Vergleich besser abschneiden könnte. Wie kann man ein frühes Leseverständnis fördern?
Viele Eltern lesen zu spät vor. Weniger als dreißig Prozent der Familien lesen in den ersten 3 Jahren nicht vor, wie gerade die jüngste Vorlesestudie der Stiftung Lesen gezeigt hat. Dabei ist Vorlesen mehr als Lektüre. Vorlesen ist eine emotionale Erfahrung mit Kuscheln und Spaß haben.
Was machen Sie und Ihr Mann, wenn Sie nicht in Ihrer Freizeit den jungen Verlag betreiben?
Wir haben selbst 3 Kinder (2, 4 und 6 Jahre alt) und sind dann als Familie unterwegs. Berlin hat da viel zu bieten: neben Büchern spielt für uns die Musik und Kunst eine große Rolle. Es gibt wunderbare Kinderführungen durch Ausstellungen.
Ihr Verlag hat sich der nordeuropäischen Kinderliteratur verschrieben. Worauf können wir uns als nächstes freuen?
„Einen Tag ganz brav“ kommt im Frühjahr auf den Büchertisch. Das estnische Duo Indrek Koff und Ulla Saar hat ein ehrliches Buch über Kinder- und Elternerwartungen geschrieben. Das garantiert Lesespaß für Jung und Alt. Und auch unser zweites Buch 2018, „Wilbert, wo bist du?“, werden wir vor der Leipziger Buchmesse veröffentlichen. Ein Buch von den Färöer. Die Inseln haben trotz ihrer kleinen Einwohnerzahl eine erstaunlich vielseitige Kinderliteratur zu bieten, die bei uns noch ganz unbekannt ist. Ein ganz nordisches Buch über Suchen und Finden, kindliche Fantasie und den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen.
Wir sind gespannt!
Winterbuchtipp
Das Bild ganz oben stammt von Regina Lukk-Toompere. Sie hat Leelo Tungals Märchen vom Schneemann Ludwig fantasievoll illustriert.
Schneemann Ludwig hat eigentlich alles, was man braucht, um glücklich zu sein: einen hellen Kopf, einen festen Körper und eine Nase, die immerzu nach Möhre duftet. Er lebt am winterlichen Waldrand, plaudert mit den Tieren und freut sich über die Kinder. Als ihm eines Tages wächst in Schneemann Ludwig die Sehnsucht, einen Weihnachtsbaum mit eigenen Augen zu sehen …
Ein Buch für alle Kinder, die Schnee mögen.
Schneemann Ludwigs größtes Glück
Text: Leelo Tungal
Illustrationen: Regina Lukk-Toompere
Kullerkupp Kinderbuch Verlag
ab 4 Jahre
13,90 Euro (D)